29
Jul
2006

Apokalyptik: Madonna und die Hure Babylon

Newsletter
Politik, Kultur, Religion, Terror im Zeichen der Apokalypse
Zitat aus dem Newsletter Juli 2006:
D. H. Lawrence und die Offenbarung des Johannes


"Eine besondere Beachtung schenkt der Dichter von Lady Chatterley’s Lover dem Weiblichen, wie es in der Apokalypse abgehandelt wird. Er sieht klar die dort betriebene Aufspaltung der Frau in die Madonna (das apokalyptische Sonnenweib) und die Hure (Babylon). In der Offenbarung – so Lawrence - „haben wir nichts außer Jungfrauen und Huren: Halb-Frauen, die Halbfrauen des christlichen Zeitalters.“ (117, 118) „Hurerei“ bedeutet für Johannes nicht nur jegliche Form der Sexualität, sondern auch materieller Reichtum und Wohlstand. Lawrence erkennt in der Ablehnung alles Materiellen erneut den Neid der Ausgeschlossenen: „Die späten Apokalyptiker zerreißen sich die Münder über all das Gold und Silber und die Edelsteine des sündigen Babylons. Wie sehr sie das alles begehren! Wie sie Babylon um seine Pracht beneiden, ja beneiden! Wie liebend gerne sie alles zerstören. Die Hure thront großartig mit ihrem goldenen Becher in der Hand, gefüllt mit dem Wein des Sinnesfreuden. Wie liebend gerne hätten die Apokalyptiker aus ihrem Becher getrunken! Da sie es nicht vermochten, zerschlugen sie ihn mit Freuden.“ (117)



Das dämonisch Weibliche wütet als Hure Babylon im Zeichen des Blutmondes: „Der Mond wird zu Blut, was eine der schreckenerregenden Verkehrungen der heidnischen Vorstellungswelt war, denn der Mond ist die Mutter des menschlichen Wasserkörpers. Das Blut gehört zur Sonne, und der Mond kann sich nur, wie ein Hure und weiblicher Dämon, in seinem ausgesprochen negativen Aspekt als Dirne mit rotem Blut betrinken: Die Mondgöttin als Bluttrinkerin. Sie, die dem körperlichen Quell aus Fleisch kühles Wasser spenden soll.“ (94) Aber auch das himmlisch Weibliche gebiert nach Lawrence Schrecken und Angst: „Der Drache in seinem kosmischen Aspekt zerstört den dritten Teil des Kosmos, bevor vom Himmel auf die Erde hinuntergeworfen wird. Mit seinem Schwanz fegt er den dritten Teil der Sterne hinweg. Die Frau [das apokalyptische Weib] gebiert einen Sohn, der ‚alle Völker mit eisernem Stab weiden’ soll. Wenn das eine Prophezeiung der Herrschaft des Messias oder Jesu sein sollte, dann hat sie sich leider bewahrheitet! Denn die Menschen werden heute alle mit eisernen Stab regiert. Das Kind wurde zu Gott entrückt. Fast wünschten wir, der Drache hätte es erwischt.“ (128)

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